Stanisław Iwankiewicz (1920–2012)
Stanisław Iwankiewicz war Angehöriger der polnischen Heimatarmee, der Armia Krajowa, die sich ab dem 1. August 1944 im Warschauer Aufstand gegen die deutschen Besatzungstruppen erhob. Nach dem Ende dieses Aufstands am 2. Oktober 1944 kam er in deutsche Gefangenschaft. Als Sanitäter schloss er sich dem Chef des Gesundheitswesens des Hauptkommandos der Landesarmee, Oberst Dr. Leon Strehl, an und wurde zunächst als stellvertretender, später als Leiter der Krankenhauskanzlei eingesetzt und in das Kriegsgefangenen-Reservelazarett Zeithain transportiert. Hier war er unter anderem für die Erstellung der Toten- und Transportlisten zuständig, die er nach der Befreiung des Lagers im April 1945 mit nach Polen nahm. Dank der Aufzeichnungen von Stanisław Iwankiewicz liegen der Gedenkstätte heute die Namen und genauen Zahlen der polnischen Verstorbenen vor.
Stanisław Iwankiewicz wurde am 24. November 1920 in Kalisz, Polen, geboren. Im August 1939 begann er seine Dienstzeit in der polnischen Armee und wurde als Sanitäter ausgebildet. Im September 1939 nahm ihn eine Einheit der Roten Armee gefangen, ihm gelang jedoch die Flucht. Er kehrte in seine Geburtsstadt Kalisz zurück und schloss sich dem Untergrund an. Um der Verhaftung durch die Deutschen zu entgehen, floh er im März 1944 nach Warschau, wo er den Decknamen „Stanisław Kowalski“ annahm. Als Angehöriger der Armia Krajowa war er während des Warschauer Aufstands als Kurier zwischen den verschiedenen Gruppen tätig. Im Oktober 1944 geriet er in deutsche Gefangenschaft und wurde in Zeithain interniert.
Nach der Befreiung 1945 schloss er sein Medizinstudium erfolgreich ab und arbeitete zwischen 1950 und 1991 an der Medizinischen Akademie in Wrocław, wo er auch nach seiner Rente weiterhin mit seiner Familie lebte. Am 16. Dezember 2012 starb Stanisław Iwankiewicz im Alter von 92 Jahren. Er wurde mit verschiedenen militärischen und zivilen Auszeichnungen bedacht, unter anderem mit dem höchsten polnischen Militärverdienstorden, dem „Virtuti Militari“, hatte die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Kalisz und bekam 1981 die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Akademie Dresden verliehen. Im Jahr 2005 veröffentliche er eine Monografie über das polnische Lazarett in Zeithain unter dem Titel „Polski Szpital Wojskowy w Zeithain“. Die deutsche Ausgabe ist 2010 unter dem Titel „Das polnische Militärkrankenhaus in Zeithain 1944/45“ erschienen.
Iwankiewicz war einer von etwa 15 000 Angehörigen der Armia Krajowa, die im Oktober 1944 gefangen genommen und in verschiedene deutsche Lager gebracht wurden. Etwa 1400 von ihnen kamen in das Kriegsgefangenen-Reservelazarett in Zeithain, unter ihnen auch mehrere Hundert Frauen. Mit der Kapitulation im Warschauer Aufstand wurde ihnen der Kombattantenstatus zugesprochen, durch den sie durch das Genfer Kriegsgefangenenabkommen von 1929 geschützt waren. Im Gegensatz zu den sowjetischen und italienischen Gefangenen bekamen die Polen regelmäßig Verpflegungspakete vom Internationalen Roten Kreuz, das auch mehrere Inspektionen des Lazaretts in Zeithain vornahm. Bei den bis zum 14. Oktober 1944 angekommenen Angehörigen der Armia Krajowa handelte es sich um Verwundete und Kranke, sowie medizinisches und sonstiges Personal aus den verschiedenen Warschauer Krankenhäusern. Ebenso wurde ein großer Teil der medizinischen Ausrüstung aus Warschau nach Zeithain gebracht. Das polnische Lazarett bestand aus 54 Ärzten und etwa 400 Krankenschwestern. Innerhalb kürzester Zeit konnte dank des medizinischen Personals und der mitgebrachten Ausrüstung ein bis dahin für Zeithain unbekannter hygienischer Standard erreicht werden.
Zur Person
Nachname: | Iwankiewicz |
Vorname: | Stanisław |
Nation/Land: | Polen |
Geburtsdatum: | 24.11.1920 |
Geburtsort: | Kalisz |
Sterbedatum: | 16.12.2012 |
Sterbeort: | Wrocław |
Letzter frei gewählter Wohnort: | Wrocław |
Orte/Stationen der Verfolgung/Haft |
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Ergänzungen
Quelle(n)/ Literatur |
Nowotny, Bernhard / Gemser, Geralf / Vetters, Claudia (Bearb.): Das polnische Militärkrankenhaus in Zeithain 1944/45. Auszüge aus den Erinnerungen des Zeitzeugen Oberst Prof. Stanisław Iwankiewicz, Riesa 2010. Borodziej, Włodzimierz: Der Warschauer Aufstand 1944, Frankfurt am Main 2001. Chiari, Bernhard: Die Polnische Heimatarmee. Geschichte und Mythis der Armia Krajowa seit dem Zweiten Weltkrieg, München 2003. |
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