#Kalenderblatt: Der Warschauer Aufstand vom Sommer 1944 und die Torgauer Wehrmachtgefängnisse
01.08.20
Vor 76 Jahren, am 1. August 1944, erhoben sich in Warschau mit größtem Mut tausende Aufständische der polnischen Untergrundorganisation „Heimatarmee“ (Armija Krajowa) gegen die deutschen Besatzer. Verantwortlich für die darauf folgende brutale Niederschlagung des Warschauer Aufstandes war der SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Heinz Reinefarth. Wenige Monate später, im Frühjahr 1945, ernannte Hitler den „Schlächter von Warschau“ zum Festungskommandanten der Stadt Küstrin an der Oder. Weil Reinefarth die aussichtslose Verteidigung eigenmächtig aufgab und mit den letzten Soldaten flüchtete, wurde er am 30. März 1945 verhaftet. Für mehrere Wochen saß er im April 1945 im Wehrmachtgefängnis in Torgau in Haft. Er sollte in Torgau vor das Reichskriegsgericht gestellt werden, das der Anklage so kurz vor Kriegsende aber nicht mehr nachging.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sprach ein Spruchgericht in der britischen Zone den Kriegsverbrecher von jeder Schuld frei. Reinefarth brachte es in den folgenden Jahren zum Bürgermeister der Stadt Westerland auf Sylt und zum Mitglied im Schleswig-holsteinischen Landtag. Als in den 1960er Jahren wegen seiner Kriegsverbrechen gegen ihn ermittelt wurde, zog er sich aus der Politik zurück. Bis zu seinem Tod 1979 wurde er nie angeklagt.
Zu den brutalen Kämpfen des Warschauer Aufstands im Sommer 1944 wurden zwangsweise auch Häftlinge aus dem Wehrmachtgefängnis Fort Zinna in Torgau herangezogen. Sie waren bei dem SS-Sonderregiment Dirlewanger im Einsatz, das Reinefahrth unterstand. Diese Truppe trug maßgeblich zur Bekämpfung des Aufstandes bei und zeichnete sich durch besondere Grausamkeiten gegen die Warschauer Aufständischen und die Zivilbevölkerung aus.
Im September 1944 verließ ein erster Transport mit ungefähr 300 Gefangenen der Wehrmacht Torgau in Richtung Warschau. Das Wehrmachtgefängnis Fort Zinna rekrutierte von da ab weitere Gefangene, die zum „besonderen Einsatz“ begnadigt wurden, für das SS-Sonderregiment.
Der Einsatz der Gefangenen in der Einheit Dirlewanger galt als so genannte Bewährung. Das SS-Sonderregiment glich seine hohen Verluste bei den Kämpfen um Warschau insbesondere durch Häftlinge aus Wehrmachtgefängnissen, aber auch aus Konzentrationslagern und SS-Straflagern aus.
Zwei Monate lang setzten tausende Aufständische der polnischen Untergrundorganisation den deutschen Besatzern ihren Widerstand entgegen. Die Deutschen reagierten mit größter Härte. Sie ermordeten nahezu 200 000 Menschen, hunderttausende Polinnen und Polen wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland oder in Konzentrationslager verschleppt, zahllose polnische Kämpfer gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Die Stadt Warschau machten die Deutschen dem Erdboden gleich.
Kontakt:
Elisabeth Kohlhaas (DIZ Torgau, Ausstellungsbetreuung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit)
Tel.: 03421 7739681
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