Erinnerungsort Torgau gedenkt am Volkstrauertag auch der Toten der sowjetischen Speziallager
21.11.23

Auf dem Gelände der JVA Torgau stießen Bauarbeiter im vergangenen Jahr auf die Skelette von 29 Menschen. Medizinische Untersuchungen belegen nun: Sie starben in den sowjetischen Speziallagern in Torgau. Anlässlich des Volkstrauertags am 19. November widmete der Erinnerungsort Torgau gemeinsam mit der Stadt Torgau diesen Toten ein besonderes Gedenken. Bereits im Mai 2023 waren die Überreste auf dem Kriegsgräberfeld des Gemeindefriedhofs in Torgau in einem Sammelgrab beigesetzt worden. Hier fanden die Toten ihre letzte Ruhe.
In Torgau bestanden zwischen 1945 und 1948 im ehemaligen Militärgefängnis Fort Zinna sowie der angrenzenden Seydlitz-Kaserne die beiden sowjetischen Speziallager Nr. 8 und Nr. 10. Im Speziallager Nr. 8 waren vor allem Deutsche interniert: Menschen, die den Nationalsozialismus unterstützt oder NS-Verbrechen begangen hatten, zunehmend aber auch willkürlich Verdächtigte und politische Gegnerinnen und Gegner der Besatzungsmacht. Im Speziallager Nr. 10 waren mehrheitlich sowjetische Gefangene nach einer Verurteilung durch ein Sowjetisches Militärtribunal inhaftiert. Sie wurden unter anderem verdächtigt, Spionage für die Westmächte betrieben zu haben.
Die medizinischen Untersuchungen ergaben nun, dass es sich bei den gefundenen Überresten vermutlich um Sowjetbürger handelt. Nach ihrem Tod wurden sie auf dem Gelände des Fort Zinna verscharrt. Insgesamt starben in den Speziallagern in Torgau mindestens 700 Menschen an den unzureichenden hygienischen Bedingungen, der Überbelegung und an Krankheiten. Weitere 130 wurden nach einem Todesurteil erschossen.
Die Geschichte der Speziallager in Torgau endete vor 75 Jahren. Im Spätsommer 1948 wurde das Speziallager Nr. 10 aufgelöst – das Lager Nr. 8 bereits ein Jahr zuvor. Fort Zinna wurde ab 1950 von der DDR als Strafvollzugseinrichtung genutzt. Immer wieder fanden sich seitdem menschliche Überreste auf dem Gelände, so bei Bauarbeiten im Jahr 1977. Das Ministerium für Staatssicherheit untersagte jedoch weitere Untersuchungen.
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