Gedenklauf macht Station in Gedenkstätte Münchner Platz
06.05.25

40 Sportlerinnen und Sportler aus Deutschland und Polen haben sich auf einen Staffellauf zwischen den Standorten der früheren Konzentrationslager Dachau nach Oświęcim/Auschwitz (Polen) begeben, um an die Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft vor 80 Jahren zu erinnern. Am 5. Mai 2025 legten sie in der Gedenkstätte Münchner Platz einen Zwischenstopp ein – angeschlossen hatten sich auch Läuferinnen und Läufer aus Dresden. Am Denkmal für die Hinrichtungsopfer des Nationalsozialismus legten sie weiße Rosen nieder.
Der Organisator des Staffellaufs, Wolfgang Moll aus Dachau, betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung der guten Nachbarschaft zwischen Polen und Deutschland – „damit es nie mehr zu solchen Geschehnissen“ wie im Zweiten Weltkrieg komme. Der Dresdner Sportbürgermeister Jan Donhauser dankte dem ehrenamtlichen Organisationsteam und hob die verbindende Kraft des Sportes hervor. Als eine zeitgemäße Form des Erinnerns sieht auch Birgit Sack, Leiterin der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden, das Format eines Gedenklaufs: „Ich bin selber Läuferin und glaube, dass gemeinsame Bewegung und das binationale Gedenken einander wunderbar ergänzen“, sagte sie.
In ihrer Ansprache ging Birgit Sack auf die am Standort des früheren Justizkomplexes am Münchner Platz in Dresden verübten Justizverbrechen ein. Im Zuge der Neuorganisation der Vollstreckung von Todesurteilen wurde der Münchner Platz 1936 zu einer der dezentral über das Deutsche Reich verteilten Hinrichtungsstätten des NS-Regimes. Über zwei Drittel der über 1300 während der NS-Herrschaft Hingerichteten waren Tschechinnen und Tschechen, gefolgt von Menschen deutscher und polnischer Nationalität.
Angesichts der polnischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Gedenklauf widmete sich Birgit Sack insbesondere der polnischen Opfergruppe. Zu ihr gehörten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die meist wegen krimineller Delikte verurteilt wurden. Der weitaus größere Teil der verurteilten bzw. hingerichteten Polinnen und Polen lebte hingegen nicht zwangsweise in Sachsen. Sie kamen als Gefangene aus dem „Reichsgau Wartheland“ in Gerichtsgefängnisse in den sächsischen Städten Bautzen, Zwickau und Dresden, weil die dortigen Haftanstalten überfüllt waren. Juristen des Oberlandesgerichts Posen führten einen Teil der Verfahren daher in Sachsen durch. Todesurteile wurden dann in Dresden am Münchner Platz als zuständiger Hinrichtungsstätte vollstreckt.
Beispielhaft nachgezeichnet wurde die Biographie von Maria Lech (1923–1943), die nicht nur mit Dresden, sondern auch mit Auschwitz verbunden ist: Maria Lech war Mitglied in einer Widerstandsgruppe in der Gegend von Włocławek. Um den Glauben der polnischen Bevölkerung an die Wiedererlangung der nationalen Unabhängigkeit zu stärken, gab sie Flugblätter und eine Zeitschrift mit Nachrichten, politischen Kommentare und patriotischen Gedichten heraus. Während ihre Schwester Janina (1919–1942) in Dresden zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, erhielt Maria Lech im Oktober 1942 eine sechsjährige Haftstrafe, weil sie illegale Schriften weitergegeben hatte. Wie alle Polinnen und Polen musste sie ihre Freiheitsstrafen in einem besonderen Lager, einem so genannten Stammlager, abbüßen. Maria Lech kam ins Stammlager Wronki. Im Februar 1943 wurde die damals 19-Jährige in das Konzentrationslager Auschwitz überstellt. Dort starb sie infolge der katastrophalen Zustände.
Der Gedenklauf findet in dieser Form zum ersten Mal statt. Vom 1. bis 10. Mai 2025 legen die Läuferinnen und Läufer insgesamt 1050 Kilometer zurück. Immer zwei bis fünf Personen sind gemeinsam unterwegs, alle zehn bis 15 Kilometer wird gewechselt. Der „Staffellauf des Gedenkens und der Versöhnung“ ist aufgeteilt in zehn Etappen: Vom bayerischen Dachau verläuft die Route über Bad Abbach, Weiden, Hof, Stollberg, Dresden und Görlitz über die deutsch-polnische Grenze nach Krzyżowa/Kreisau, Opole/Oppeln, Gliwice/Gleiwitz und schließlich nach Oświęcim/Auschwitz. Auf jeder der Etappen steht der Besuch von Gedenkstätten und Erinnerungsorten auf dem Programm. Initiiert wurde der Staffellauf von den Landkreisen Dachau und Oświęcim, die seit 2015 über eine Kommunalpartnerschaft verbunden sind.
Kontakt
Volker Strähle (Referent Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit)
0351 46331992
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