Osias Rubinstein (1897-1940)
Osias Rubinstein kam am 9. Dezember 1897 in Leipzig als Sohn jüdischer Einwanderer aus Polen zur Welt. Bereits seit der Geburt hatte er eine geistige Behinderung. Anfälle beeinträchtigten ihn in seinem Alltag. Die Ärzte diagnostizierten „Schwachsinn“ – ein Sammelbegriff für verschiedene Formen geistiger Beeinträchtigungen.
1927, mit 30 Jahren, kam er in die Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen, da seine Eltern eine „geeignete Pflege“ nicht mehr gewährleisten konnten. Nach zehn Monaten konnte er die Anstalt wieder verlassen. 1933 erfolgte die erneute Einweisung. Seine Mutter und Schwester hielten weiterhin Kontakt zu ihm, schickten Briefe und Päckchen.
1937 kam er in die Landesanstalt Arnsdorf, von wo aus er 1938 nach Colditz verlegt wurde. Dort erhielten fast alle Kranken die sogenannte Sonderkost – eine kalorienreduzierte Breikost, die langfristig zur Unterernährung der Betroffenen führte. Als mit Kriegsbeginn die Anstalt geschlossen wurde, kam Osias Rubinstein nach Großschweidnitz. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits unterernährt. In Großschweidnitz verschlechterte sich sein Gesundheitszustand drastisch. Er magerte weiter ab. Er konnte nicht mehr aus dem Bett aufstehen, verlor das Bewusstsein.
Am 14. Juli 1940 starb Osias Rubinstein an Marasmus, der stärksten Form der körperlichen Auszehrung. Er wurde Opfer des ersten systematischen Krankenmordes in Sachsen – dem frühen Hungersterben, das durch die Einführung der „Sonderkost“ und die kriegsbedingt nochmals reduzierte Lebensmittelzuteilung durch die Gesundheitsverwaltung herbeigeführt wurde.
Die Lebensgeschichte von Osias Rubinstein ist eine doppelte Verfolgungsgeschichte. Als geistig behinderter Mensch wurde er Opfer der NS-Psychiatrie, als Angehöriger der jüdischen Religionsgemeinschaft war er zudem antisemitischer Stigmatisierung und Verfolgung ausgesetzt. Seine Mutter und Schwester kamen im Holocaust ums Leben.