#Kalenderblatt – 1933 Das Schutzhaftlager Hohnstein in der Öffentlichkeit
28.03.23
Mit der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 schränkte das NS-Regime bereits wenige Wochen nach der Machtübernahme die Grundrechte der Bevölkerung massiv ein. Um die Herrschaft zu festigen, errichtete man sogenannte Schutzhaftlager. Diese frühen Konzentrationslager dienten vor allem der Verfolgung von politischen Gegnerinnen und Gegnern.Am 8. März 1933 richteten die Nationalsozialisten ein solches Schutzhaftlager in der seit 1926 als Jugendburg genutzten Burg Hohnstein in der Sächsischen Schweiz ein. Der erste Inhaftierte war der Leiter der Jugendherberge, Konrad Hahnewald. Er hatte sich geweigert, die Hakenkreuzflagge auf der Burg zu hissen. Inhaftiert wurden vor allem politisch Verfolgte wie Kommunisten und Sozialdemokraten sowie Juden und Zeugen Jehovas. Aber auch Frauen, Kinder und Jugendliche waren als Häftlinge in Hohnstein.
Schon bald kursierten Gerüchte über Misshandlungen und über den unmenschlichen Umgang mit den Insassen. Mit Zeitungsberichten wie beispielsweise „Bei den ‚Opfern‘ der nationalen Revolution. Sorgenfreie Tage auf Burg Hohnstein“, der am 29. März 1933 im Riesaer Tageblatt und anderen sächsischen Tageszeitungen veröffentlicht wurde, versuchten die Nationalsozialisten, den Beschuldigungen entgegenzuwirken. Sie zeigen, dass die Existenz der Lager 1933 nicht geheim war, sondern Teil der täglichen Berichterstattung. Der Artikel stellte die angebliche Situation der Häftlinge dar. Statt des qualvollen und unmenschlichen Aufenthalts sollen die Häftlinge eine gute Zeit vollbracht haben. „Ausreichende Beköstigung, frische Luft […] sogar Betten“ sollen ihnen zur Verfügung gestanden haben. Sie hätten einen „frischen und zufriedenen Eindruck“ gemacht und sogar gesungen und gespielt. Nach der Haft würden die Insassen „stets dankbar“ an die Zeit im Schutzhaftlager Hohnstein zurückdenken.
Für die Häftlinge war die Realität eine andere: Gleich nach der Ankunft der Gefangenen wurden ihnen die Haare abrasiert und sie mussten stundenlang mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und dem Gesicht zur Wand stehen. Bei der kleinsten Bewegung wurden sie brutal mit dem Kopf gegen die Mauer geschlagen. Anschließend mussten sie bis zur Erschöpfung einen Hang hinauf und wieder herunter laufen. Dabei traten Wachmänner nach ihnen und schlugen ihre Hände mit Stöcken. Alle mussten Zwangsarbeit leisten. Frauen waren für die oft blutverschmierte Wäsche zuständig. Viele Häftlinge arbeiteten beim Bau des Deutschlandringes – einer Rennstrecke in der Sächsischen Schweiz – und im Steinbruch Heeselicht unter schlimmen Bedingungen: wenig Verpflegung, schlechte Kleidung, kaum Pausen. Immer wieder wurden sie von ihren Bewachern misshandelt. Einige Verletzte wurden in die Heil- und Pflegeanstalt nach Pirna-Sonnenstein gebracht oder starben an ihren Verletzungen.
Am 1. September 1934 wurde das Schutzhaftlager Hohnstein aufgelöst und die Häftlinge in das KZ Sachsenburg überführt. Etwa 5 600 Menschen waren bis dahin in Hohnstein inhaftiert. Die genaue Zahl der Todesopfer ist unbekannt. Schätzungen reichen bis zu 140 Menschen die in Folge der Misshandlungen starben oder sich das Leben nahmen.
(verfasst von Aline Gruner)
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