Februar 2015
Liebe Leserinnen und Leser,
wenn man etwas aus der Geschichte lernen kann, dann auch dies: Die menschliche Gesellschaft entwickelt sich nicht gesetzmäßig zum Besseren, zum Fortschritt. Stattdessen gibt es Aufstieg und Untergang, Fort- und Rückschritt, Wandel zum Besseren und zum Schlechteren. Fortschritt ist kein Naturgesetz. Was die eine Generation errungen, werden folgende wieder verlieren. Geschichte vollzieht sich nicht stetig, sondern sprunghaft. Karl Marx nannte Revolutionen die "Lokomotiven der Geschichte".
Jahrelang, manchmal jahrzehntelang reifen "revolutionäre Situationen", in denen sich dann in Tagen oder Wochen grundlegende Veränderungen vollziehen. Wie kommt es dazu? Sind politische Revolutionen eher zu erhoffen oder doch zu befürchten? Können auch in Demokratien revolutionäre Situationen entstehen? Mehr.
Ich lade Sie herzlich zur Lektüre des Newsletters und zu einem Besuch der Gedenkstätten in Sachsen ein, bei denen Sie auf anregende Weise ihr historisches Gedächtnis auffrischen und erweitern können.
Bert Pampel
Inhalt |
Vorschau
23.02. | Dresden: Gedenkveranstaltung auf dem sowjetischen Garnisonsfriedhof
Auf dem sowjetischen Garnisonsfriedhof Dresden wurden anfangs sowjetische Soldaten beerdigt, die bei den Kämpfen im Raum Dresden im Mai 1945 umkamen oder im benachbarten ehemaligen Standortlazarett der Dresdner Garnison später ihren Verwundungen erlagen. Seit den 1950er Jahren wurden auf der Anlage aber auch im Dienst verstorbene Soldaten der Besatzungsmacht sowie zivile Garnisonsangehörige, darunter etliche Säuglinge und Kleinkinder, bestattet. Fast alle waren jünger als 30 Jahre. Es handelte sich dabei in der Mehrzahl um einfache Soldaten, die hier vor Ort ihren Wehrdienst ableisteten. Unter diesen Toten befindet sich eine unbekannte Zahl von Menschen, deren Tod sich auf Unmenschlichkeit und Rechtlosigkeit innerhalb der totalitären Institution der sowjetischen Armee zurückführen lässt.
> Mehr11.03. | Dresden: Filmpremiere: „Wieland Förster – Ich lebe, um mich zu erinnern“
Ein Film von Hanna Lehmbäcker und Konrad Hirsch (2015). Die Filmautorin und Regisseurin Hanna Lehmbäcker hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Interviews mit Wieland Förster gedreht. Die Zerstörung seiner Heimatstadt und eine mehrjährige Gefangenschaft im Speziallager Bautzen haben Förster geprägt. Schmerz, Leid und Vergänglichkeit sind die wesentlichen Themen seiner Kunst.
> Mehr12.03. | Leipzig: "LEIPZIG LIEST" IM MÄRZ 2015 IM MUSEUM IN DER "RUNDEN ECKE"
Vom 12. bis 15. März finden interessante Buchvorstellungen mit kompetenten Personen zu spannenden Themen statt, die Teil unserer Geschichte sind: Vom Aufbau der öffentlichen Verwaltung in der SBZ/DDR, die von Anfang an der Durchsetzung der SED-Parteidiktatur diente, über die Erziehungslager für unangepasste Jugendliche, das Überwachungssystem der Stasi und deren Mitarbeiter, jüdisches Leben im DDR-Sozialismus, Literatur- und Pressezensur, die Bedeutung von Straflagerhäftlingen für die Förderung von Uranerz zur atomaren Bewaffnung der Sowjetunion bis hin zur Friedlichen Revolution, die in sächsischen Städten ihren Anfang nahm und zu Mauerfall und Wiedervereinigung führte.
> Mehr12.03. | Leipzig: Buchpremieren anlässlich des Festivals „Leipzig liest“ - Neue Bände der Schriftenreihe »AUF BIEGEN UND BRECHEN« der Gedenkstätte GJWH Torgau
Der Autor Dr. Christian Sachse und der Zeitzeuge Rainer Buchwald stellen unter der Moderation von Ingolf Notzke ihre Studie über das illegale Arbeits- und Erziehungslager 1966/67 in Rüdersdorf vor. vor. Danach präsentiert der Autor Marcel Piethe seine Studie über Funktionärskinder im System der DDR-Spezialheime. Anschließend moderiert der Sächsische Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, Lutz Rathenow, das Gespräch mit interessierten Gästen.
> MehrNeues von weiteren zeitgeschichtlichen Erinnerungsorten in Sachsen
27.01. | Frohburg/Flößberg: KZ-Häftlingsfriedhof wiedereröffnet
Unter großer öffentlicher Beteiligung wurde am 27. Januar aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau auf dem Häftlingsfriedhof Flößberg der Opfer des früheren KZ-Außenlagers von Buchenwald gedacht. Damit wurde dieser Friedhof im Großen Fürstenholz in der Nähe des Frohburger Ortsteils Flößberg nach umfassender Neugestaltung feierlich wiedereröffnet. Das Gelände besitzt nach Jahren der Verwilderung wieder den Charakter eines jüdischen Friedhofs mit Davidsternen auf den Grabsteinen, einer Gedenktafel mit den Namen von 38 hier begrabenen der insgesamt 235 Toten dieses Lagers, sowie einer Ruhebank und einer Feuerstele. Die Wiederherstellung des historischen Ortes erfolgte auf Initiative des Fördervereins Gedenkstätte Flößberg e.V. und der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. mit Unterstützung der Stadt Frohburg und des sächsischen Sozialministeriums.
> MehrGroßschweidnitz: Aktuelles aus der Gedenkstätte
In der Gedenkstätte Großschweidnitz laufen die Vorbereitungen für die nächste Sonderausstellung und die Frühjahrstagung des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation, die vom 5.-7. Juni mit engagierten Fachleuten aus ganz Deutschland, sowie Kollegen aus den Nachbarländern Polen, Tschechien und den Niederlanden in Löbau und Großschweidnitz stattfinden wird. Anmeldungen sind ab sofort über die Website des Vereins Gedenkstätte Großschweidnitz e.V. möglich. Die dreisprachige (dt./engl./tschech.) Ausstellung „Lebens(un)wert“ – eine Leihgabe des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim bei Linz – thematisiert die NS-„Euthanasie“-Verbrechen im Reichsgau Sudetenland und im Protektorat Böhmen und Mähren und ist vom 17.5. bis 28.6. 2015 zu sehen (geöffnet: dienstags und sonntags 14-18 Uhr und nach Voranmeldung). Von Schulklassen (ab 8. Klasse) bis zu Senioren bietet die Ausstellung vielfältige Ansatzpunkte der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Menschenverachtung. Informationen zu den Begleitveranstaltungen und pädagogischen Angeboten können auf der Website des Vereins eingesehen werden.
> MehrSindelfingen: Wanderausstellung »AUF BIEGEN UND BRECHEN«
Torgau ist die Partnerstadt von Sindelfingen. Trotzdem wissen viele Sindelfinger nichts über den ehemaligen Geschlossenen Jugendwerkhof. Um dem Vergessen entgegenzuwirken, begibt sich die Klasse 9a des Gymnasiums Unterrieden auf Spurensuche und wird dabei von der Gedenkstätte unterstützt. Mit diesem Geschichtsprojekt bewirbt sich die Schule für den von der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Länder und der Deutschen Gesellschaft e. V. ausgeschriebenen Wettbewerb „Was war die DDR?". Die Gedenkstätte stellt für dieses Projekt dem Gymnasium in Sindelfingen ihre Wanderausstellung »AUF BIEGEN UND BRECHEN« zur Verfügung und leistet mit einem Eröffnungsvortrag am 26. Februar 2015 Aufklärungsarbeit vor Ort. Im Anschluss können die Besucher mit einem Zeitzeugen ins Gespräch kommen.
> MehrStollberg: Broschüre Projekt "Gewahrsam. Ein Schülerkunstprojekt zur Frauenhaftanstalt Hoheneck
Der Förderverein Gedenkstätte Stollberg-Frauenhaftanstalt Hoheneck e. V. hat eine Broschüre mit DVD zum Schülerkunstprojekt "Gewahrsam" herausgegeben. Sie dokumentiert die Arbeiten von Schülern der Altstadtschule Stollberg und des Carl-von-Bach Gymnasiums Stollberg, die auch in einer Ausstellung präsentiert wurden. Die Broschüre kann beim Förderverein für 10 EUR zzgl. Versandkosten erworben werden.
> MehrRückblick
09.01. | Ausstellung über „Umerziehung zu sozialistischen Jugendlichen“
Die neue Ausstellung der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau zur „Umerziehung zu sozialistischen Jugendlichen“ in der DDR-Heimerziehung ist vom 14. Januar bis 8. April in der Außenstelle des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Neubrandenburg zu sehen.
> Mehr27.01. | Dresden erinnert an die Schrecken der NS-Zeit
Aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz wurde in Dresden auf vielfältige Weise und an verschiedenen historischen Orten in der Stadt der Opfer der NS-Diktatur gedacht.
> Mehr27.01. | Namen gegen das Vergessen
Warum eine 15-jährige aus tiefer Überzeugung Namen ermordeter Juden vor der Dresdner Kreuzkirche vorliest
> Mehr08.02. | Bürgerrechtler nehmen Stellung: Demonstrationsrecht vs. Legidademonstrationsverbot in Leipzig
Bürgerrechtler beziehen Stellung für Meinungsfreiheit und gegen willkürliche Auslegung des Demonstrationsrechts durch den Leipziger Oberbürgermeister
> MehrKalenderblatt
13.02.1945 | KZ-Häftlinge als Opfer des alliierten Bombenangriffs auf Dresden
Alljährlich am 13. Februar gedenkt Dresden seiner Zerstörung vor 70 Jahren. Zu den Opfern des Angriffs gehörten auch KZ-Häftlinge, die in Dresden in insgesamt acht Außenlagern des KZ Flossenbürg zur Zwangsarbeit eingesetzt waren.
Eines davon war das Lager „Universelle“ in der Maschinenfabrik J.G. Müller & Co. in der Zwickauer Str. 48-58 mit dem dazugehörigen Frauenlager in der Florastraße 14. In der „Universelle“ wurden unter anderem Flugzeugmotoren für die Junkers-Werke Dessau, Scheinwerfer, Teile für U-Boote und Torpedos sowie Richt- und Peilgeräte für Bomber und die Raketensysteme V1 und V2 montiert. Dafür kamen bis zu 3.000 ausländische Männer als Zwangsarbeiter zum Einsatz. Sie waren im Hauptgebäude untergebracht. Am 9. Oktober 1944 wurden auch 500 Frauen aus dem KZ Ravensbrück nach Dresden überstellt, 200 weitere am 19. Januar 1945. Die meisten von ihnen kamen aus Osteuropa. Sie waren im Werksgebäude in der Florastraße in zwei oberen Stockwerken untergebracht und mussten im Keller und Erdgeschoss arbeiten. Ein Teil von ihnen hauste in einer Baracke auf dem Fabrikgelände und arbeitete in einer Werkhalle in der Zwickauer Straße.
Während der Luftangriffe britischer und amerikanische Bomber am 13. und 14. Februar 1945 wurde auch das Lager stark beschädigt. Überlebende berichten von Bombenvolltreffern, die das Werk und die Bunker in der Florastraße fast völlig zerstörten und viele Zwangsarbeiter töteten. Eine genaue Zahl der Todesopfer kann nicht angegeben werden. Eine firmeneigene Erfassung vom 26. März 1945 weist für diesen Tag 685 weibliche Häftlinge aus, die am selben Datum als „entlassen“ aufgeführt sind. Das Chaos nach dem Angriff nutzten einige zur Flucht. Manche fanden zunächst bei Arbeiterinnen im Dresdner Umland Unterschlupf, die sie mit Kleidung und Nahrung versorgten. Einige der Verletzten kamen in Krankenhäusern in Dresden und Umgebung unter. Die Frauen, die sich in der Zwickauer Straße befanden, blieben trotz erheblicher Gebäudeschäden im Luftschutzkeller unverletzt. Weniger als 100 Frauen wurden anschließend durch das Elbtal in Richtung Osten zum Außenlager Mockethal-Zatzschke getrieben. Die Überlebenden wurden von den Alliierten befreit. Wie viele der männlichen Zwangsarbeiter sich zum Zeitpunkt der Luftangriffe im Hauptgebäude in der Zwickauer Straße befanden und tatsächlich getötet wurden, und wie vielen die Flucht gelang, ist bislang unbekannt.
Quelle: Ulrich Fritz, Dresden (Universelle), in: Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hrsg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 4, München 2006, S. 98-101.
Foto: Stiftung Sächsische Gedenkstätten/Lothar Klein.
Zitat des Monats
And if there’s a lesson there, it’s that, as they used to say, the price of liberty is eternal vigilance. Rights can be won, and rights can be taken away. Achievements are always vulnerable.
How Radical Change Occurs: An Interview With Historian Eric Foner
Impressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Julia Spohr
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.
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