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Home » Biografien » Erich Bertram

Erich Bertram (1892–1974)

An seinen Großvater Erich Bertram, geboren am 28. Juli 1892 im thüringischen Kleinbartloff und wohnhaft in Zittau, hat Harald Just lebendige Erinnerungen, denn als Kind besuchte er jeden Sonnabend seine Großeltern. Vor Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte Erich Bertram 13 Jahre einen selbstständigen Einzelhandel geführt. Nach der Einberufung zur Wehrmacht am 29. August 1939 diente er im Dienstgrad eines Hauptmanns bei der Infanterie, unter anderem als Kompaniechef einer Wachmannschaft am „Eisernen Tor“, einem Tal der Donau an der Grenze zwischen Serbien und Rumänien.

Auf zahlreichen Wanderungen erzählte der Großvater den Enkeln Harald und Manfred immer wieder von seiner „russischen Kriegsgefangenschaft“, über die er bis dahin – auch gegenüber seiner Tochter – geschwiegen hatte. Er erzählte von der Gefangennahme am 27. September 1944 und davon, wie ihm die Brille zerschlagen wurde, weil er sich weigerte, seine Offiziersstiefel herzugeben. Er erzählte von Märschen von bis zu 40 km am Tag, die über 600 km durch Rumänien und Moldau führten und die er nur durch die Hilfe seiner Kameraden überstand. Er erzählte von Waldlagern um Jelabuga, von der Gruppenverhandlung in russischer Sprache vor dem Militärgericht und davon, dass er froh darüber gewesen war, nicht lebenslänglich oder gar zum Tode verurteilt worden zu sein. Er erzählte von japanischen Kriegsgefangenen, von der Zwangsarbeit in Magnitogorsk und vom Glück, jeden Monat eine Karte über das Rote Kreuz schreiben zu dürfen.

Als Erich Bertram 1974 82jährig verstarb, war Harald Just 17 Jahre alt. Die Fragen, die sich mit zunehmendem Alter aus dem Gehörten ergaben, konnte er nun nicht mehr seinem Großvater stellen. Doch der politische Umbruch 1989/90 und das Internet ermöglichten es, mehr über die Zeit und über vergleichbare Schicksale zu erfahren und Antworten zu finden. Im Frühjahr 2014 fragte Harald Just bei der Dokumentationsstelle Dresden an. Dort fand man den Namen seines Großvaters in einer Datenbank, die Dr. Günther Wagenlehner in den 1990er Jahren mit Unterstützung der Bundesregierung auf der Basis von Unterlagen aus russischen Archiven erstellt hatte. Der entsprechende Datensatz vermerkte, dass Erich Bertram am 16. Dezember 1949 von einem Militärtribunal in Stalingrad zu 25 Jahren „Besserungsarbeitslager“ verurteilt worden war. Da es weder Informationen über die Hintergründe der Verurteilung noch über eine Rehabilitierung gab, stellte Harald Just am 20. März 2014 einen Antrag auf Überprüfung der Verurteilung. Etwa ein halbes Jahr später traf von der Militärstaatsanwaltschaft der Strategischen Raketentruppen in Moskau zunächst die enttäuschende Nachricht ein, dass dort keine Informationen über die Verurteilung von Erich Bertram vorlägen. Doch zwei Monate später, nach einer zusätzlichen Prüfung, teilte die gleiche Behörde mit, dass Erich Bertram als Opfer politischer Repressionen rehabilitiert worden sei und legte dem Schreiben die entsprechende Urkunde bei. Dadurch wurde eine Einsichtnahme in die Strafakte möglich.

Da sich diese jedoch wider Erwarten nicht im Zentralarchiv des FSB befand, wurde eine erneute Anfrage an die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft nach dem Archivierungsort notwendig. Nach der Mitteilung, dass sich die Akte im Zentralarchiv des Ministeriums des Innern der Russischen Föderation (MWD) befindet, begann eine langwierige Kommunikation in Bezug auf die Voraussetzungen für die Einsichtnahme in die Akte vor Ort im Archiv.

Erst mehr als 18 Monate später, im Oktober 2018, konnte Harald Just selbst, gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Dokumentationsstelle Dresden, die Strafakte im Zentrum der Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen beim Hauptanalyse- und Informationszentrum (GIAZ) des Ministeriums des Innern der Russischen Föderation einsehen. Die Situation erinnerte ihn an seine eigene Ohnmacht in Verhören durch die DDR-Staatssicherheit im Herbst 1988 und Sommer 1989. Stundenlang wurden die immer gleichen Fragen gestellt, bevor 80 Seiten der Akte unter den strengen Blicken der Beamtin zur „Einsicht“ überlassen wurden. Viele Dokumente waren jedoch abgeklebt und blieben damit unzugänglich.

Die Strafakte Nr. W-11655 eröffnet mit dem Beschluss der Untersuchungsabteilung des Kriegsgefangenenlagers Nr. 108 des Ministeriums des Innern der UdSSR in Stalingrad vom 6. Dezember 1949 über die Eröffnung einer Strafsache gegen Erich Bertram. Mehr als fünf Jahre nach seiner Gefangennahme wurde seine angebliche Funktion als stellvertretender Standortkommandeur in Belgrad (Jugoslawien) zwischen Juli 1943 und Januar 1944 zum Gegenstand von Untersuchungen. Der Vorwurf beruhte allein auf einem Lebenslauf Erich Bertrams, den dieser am 4. Juli 1949 verfassen musste, und der sich in der Akte befindet. In ihm hatte er für den Zeitraum von Juli 1943 bis Januar 1944 angegeben: „bei Standortkommandantur Belgrad als Abschnittskommandant“.

In den anschließenden Verhören ging es zunächst um seinen militärischen Werdegang und eine Beteiligung an Einsätzen an der Ostfront, die er jedoch verneinte. Er sei lediglich in der Tschechoslowakei und in Jugoslawien eingesetzt gewesen. Auch wurde er des Dienstes in der SS verdächtigt, was er ebenso bestritt. Er sei lediglich Mitglied der SA (bis 1939) und der NSDAP (seit 1937) gewesen. Im Weiteren wurde er zu seinem Einsatz im Wachbataillon Nr. 714 verhört, insbesondere zu Einsätzen gegen Partisanen, die er verneinte. Während seines Einsatzes als stellvertretender Standortkommandant in Belgrad sei er mit der Organisation des Patrouillendienstes und des Garnisonsdienstes, der Prüfung von Dokumenten der Wehrmachtangehörigen, der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Stadt sowie der Bewachung von Tank- und Lebensmittellagern beauftragt gewesen. Jugoslawische Bürger seien für diese Dienste nicht beschäftigt worden. Am 9. Dezember 1949 kam es zum abschließenden Verhör in Vorbereitung der Anklageerhebung. Im Mittelpunkt stand erneut der Dienst in Belgrad. Erich Bertram stellte klar, dass er nicht stellvertretender Standortkommandant war, sondern allein für die Bewachung militärischer Objekte, den Patrouillendienst und die Prüfung von Dokumenten zuständig gewesen sei. Die Verhaftung von jugoslawischen Bürgern habe nicht zu diesen Aufgaben gehört. Gleichwohl wurde am darauffolgenden Tag die einseitige Anklageverfügung verfasst, die mit seiner Funktion als vermeintlicher stellvertretender Standortkommandant begründet wurde. Während der Ermittlungen befand sich Erich Bertram im Gefängnis Nr. 1 des MWD in Stalingrad.

Am 16. Dezember 1949 um 12.30 Uhr begann die Sitzung des Militärtribunals der Truppen des MWD im Stalingrader Gebiet. In seinem Schlusswort forderte Erich Bertram, zur Aburteilung nach Jugoslawien überstellt zu werden. Um 13 Uhr wurde die Sitzung für 30 Minuten unterbrochen, anschließend verkündete das Gericht das Urteil: 25 Jahre „Besserungsarbeitslager“ nach Artikel 58-4 des Strafgesetzbuches der RSFSR, dessen erster Satz lautet: „Jegliche Unterstützung des Teiles der internationalen Bourgeoisie, der die Gleichberechtigung des das kapitalistische System ablösenden kommunistischen Systems nicht anerkennt und seinen Sturz erstrebt, oder der sozialen Gruppen und Organisationen, die unter dem Einfluss dieser Bourgeoisie stehen oder unmittelbar von ihr organisiert sind, bei Ausübung der der UdSSR feindlichen Tätigkeit, zieht Freiheitsentziehung nicht unter drei Jahren, verbunden mit völliger oder teilweiser Vermögenskonfiskation nach sich.“ Die Anwendung dieser Strafnorm auf die „ermittelten Verbrechen“ von Erich Bertram verdeutlicht die Absurdität des „Verfahrens“. In seiner Berufung vom selben Tage wies Erich Bertram die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Insbesondere wies er darauf hin, niemals auf sowjetischem Territorium gewesen zu sein und niemals als Stellvertreter des Standortkommandanten von Belgrad gedient zu haben, sondern nur als Wachoffizier.

Die Rehabilitierung von Erich Bertram war folgerichtig. Er gehört zur Gruppe der fast 30 000 kriegsgefangenen Soldaten und Offiziere der Deutschen Wehrmacht, die erst mehrere Jahre nach ihrer Gefangennahme im Rahmen einer regelrechten „Kampagne“ vor sowjetischen Militärgerichten standen und verurteilt wurden, um sie als „Faustpfand im Kalten Krieg“ – so der Historiker Andreas Hilger – nutzen zu können. Fast auf den Tag genau neun Jahre nach seiner Gefangennahme kam Erich Bertram am 28. September 1953 zur Entlassung.

Auf Grundlage des Gesetzes über die Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen vom 18. Oktober 1991 wurden ca. drei Monate nach der Akteneinsicht über die Russische Botschaft in Berlin insgesamt 31 Blatt Kopien kostenfrei zur Verfügung gestellt, eine Kopie des Urteils befand sich jedoch leider nicht darunter.

Auch wenn sich Harald Just erhofft hatte, in der Breite mehr über die gesamte Zeit der Gefangenschaft zu erfahren, hat sich der Aufwand für ihn gelohnt. Die Achtung gegenüber seinem Großvater, der so viele Jahre aufgrund falscher Anschuldigungen fern der Heimat und der Familie unter lebensbedrohlichen Bedingungen zubringen musste, ist durch die intensive Beschäftigung mit diesem Teil der Familiengeschichte weiter gewachsen. Die Akteneinsicht ergab, dass der Großvater wahrheitsgetreu erzählt hatte. Dies aber war umso wichtiger, als dass Erich Bertram seinem Enkel Wahrheit und Aufrichtigkeit als wesentliche Tugenden auf den weiteren Lebensweg mitgegeben hatte.

Zur Person

Name: Bertram
Vorname: Erich
Geburtsname:
Nation/Land: Deutschland
Geburtsdatum: 28.07.1892
Geburtsort: Kleinbartloff
Sterbedatum: 31.08.1974
Sterbeort:
Letzter frei gewählter Wohnort:
Begräbnisstätte:
Orte/Stationen der Verfolgung/Haft

Weitere Fotos:

Ergänzungen

Quelle(n)/
Literatur
Dokument(e)
Links:
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